Scum and Villainy ist ein erzählerisches Rollenspiel, das ich zu der Genre des Space Westerns zähle. Sein Regelwerk baut auf dem von Blades in the Dark auf und sein Setting, auf jedem Sci-Fi-Werk der letzten Jahrzehnten: von Star Wars und Firefly bis zu Cowboy Bebop und Dune. Bzgl. seines Regelsystems habe ich mich bereits ausführlich geäußert, allerdings stellte ich jetzt bei der Vorbereitung meiner ersten Mini-Kampagne fest, dass die Setting-Informationen im Buch viel schlechter als die Regeln (bzw. als die Weltbeschreibung in Blades) strukturiert sind. Oft findet man sinnhaft zusammenhängende Details in unterschiedlichen Kapiteln, und ich musste mir ein eigenes Wiki anlegen, um die ganzen Infos für mich gut zu strukturieren. Der Auszug unten bildet das "öffentliche" Wissen ab, welches jeder Spieler(charakter) vor dem Spielbeginn haben sollte, um sich in der Welt etwas orientieren zu können, und richtet sich hauptsächlich an Neueinsteiger und Interessierten.

Mir ist bewusst, dass Scum and Villainy, genauso wie Blades, seine Spielweltbeschreibungen absichtlich vage hält, damit die Spieler und der Spielleiter sie im Verlauf der Kampagne selbst ausbauen und verfeinern können. Allerdings bin ich der festen Überzeugung, dass die Spieler erst eine gemeinsame Grundlage haben sollen, bevor sie damit kreativ werden können, und außerdem finde ich das Setting schlicht und ergreifend cool und möchte gerne, dass mehr Spieler es ausprobieren.

Die Hegemonie

Scum and Villainy spielt sich in dem Procyon-Sektor des pangalaktischen Imperiums ab, das sich "Galaktische Hegemonische Allianz" bzw. einfach Hegemonie nennt und über unzählige Sternsysteme herrscht. Vor 1261 Standardjahren besiegte und vereinte die Hegemonie die streitende Mächte des Dunklen Zeitalters, und seitdem gibt es nur große Kriege, wenn ein neuer Hegemon aufsteigt. Der letzte hegemonische Aufstieg fand vor weniger als zwei Jahrzehnten statt.

Der Hegemon regiert aus dem galaktischen Kern mit Hilfe des Großen Rats, der aus den Vertretern der sieben Adelshäuser, der Hohen Gilden und der Hegemonischen Kulten besteht. Die Adelshäuser haben die einzelnen Sektoren der Galaxis unter sich aufgeteilt und verwalten bzw. besteuern sie im Namen des Hegemons. Die Gilden halten Patente auf die wichtigsten Technologien, und die Hegemonische Kulten haben über alles Vollmacht, was mit dem Weg (s. unten) zu tun hat. Durchgesetzt wird die Wille des Hegemons von den hegemonischen Legionen – massiven Sternflotten, die in einzelnen Sektoren stationiert sind.

Die Ingenieurgilde (engl. "Guild of Engineers") ist bei weitesten die Größte und hält Patente auf die Bergbautechnologien. Da die Ressourcenextraktion oft mittels künstlich intelligenten Drohnen durchgeführt wird, hält die Ingenieurgilde außerdem die Patente auf die KI, auf kybernetische Implantate, und auf verschiedenste Gadgets. Die Gilde der Sternschmiede ("Starsmiths") hält das Patent auf Sprungantriebe, ohne die kein überlichtschnelles Reisen möglich ist, und baut Raumschiffe, u.a. für die Legion. Die Zählergilde ("Counters Guild") hält das Patent auf das Terraformen, fungiert heutzutage aber vielmehr als eine Zentralbank und verwaltet das hegemonische Kreditnetzwerk. Die geheimnisvolle Erzeugergilde ("Makers Guild", auch als Yaru bekannt) hält die Patente auf das Klonen und auf die Gentechnik.

Unter den Hegemonischen Kulten ist die Kirche der Sternenflamme ("Church of the Stellar Flame") die Größte. Ihre Anhänger glauben, dass jedes Lebewesen in sich ein heiliges Licht trägt und dieses durch Kontakt mit Vorläuferartefakten (s. unten) korrumpiert wird. Deshalb ist die Kirche bestrebt, möglichst viele Artefakte und Ur-Ruinen zu kontrollieren und die Mystiker in Schach zu halten. Der Kult der Suchenden ("Cult of the Seekers") sieht ihren heiligen Mandat darin, die Galaxis zu erforschen und die hegemonische Übermacht auf noch unentdeckte Sektoren auszuweiten. Aber eigentlich haben sie nur den hegemonischen Segen bekommen, weil die Mutter des herrschenden Hegemons ihnen angehört.

Der Weg

Niemand in der Galaxis weiß genau, was der Weg ("the Way") ist, aber niemand würde bestreiten, dass es ihn gibt, dass er mit der Energie und der Schwerkraft interagiert und dass er an manchen Orten schneller als an anderen fließt. Ebenfalls ist es allgemein anerkannt, dass es Wegkreaturen ("Way creatures") gibt, die entweder teilweise in dem Weg existieren oder daraus in die physische Welt überqueren – oft von Artefakten und Vorläuferruinen angelockt.

Man sagt auch, dass alle Lebewesen seit dem allerersten Hyperraumsprung sich mit dem Weg attunen (eine Spielmechanik) konnten. Unzählige Generationen von Mystikern haben diese Verbindung studiert und praktiziert, Philosophien und Theorien dazu aufgestellt und sich zu Kulten geschlossen, um ähnliche Ansichten gemeinsam zu vertreten. Die Hegemonischen Kulten sind ebensolche Gruppierungen, die zusätzlich von dem Hegemon sanktioniert sind.

Technologie

Die Hegemonie wird von der Hyperraumtechnologie der ausgestorbenen Vorläuferspezies Ur zusammengehalten. Die Ur haben gigantische Sprungtore ("jumpgates") quer durch die Galaxis verteilt, die paarweise einzelne Sternsysteme miteinander verbinden. Fliegt ein Raumschiff mit einem aktivierten Sprungantrieb ("jump drive") durch so ein Tor, wird es schneller als Lichtgeschwindigkeit in das andere System katapultiert. Auch innerhalb eines Sternsystems kann ein Schiff mit dem Sprungantrieb Hyperraumbahnen ("hyperspace lane") besteigen, um überlichtschnell ans Ziel zu kommen. Alle Sprungantriebe müssen per Gesetz bei den Sternschmieden angemeldet und regelmäßig überprüft werden.

Die Sprungtore und -antriebe sind nur eine Art von Ur-Artefakten. Eine weitere sind die KI-Kerne ("AI cores"), die in Vorläuferruinen häufig gefunden werden: bringt man einen solchen Kern an eine autonome Drohne an, erstreckt er langsam seine Glasfaser durch ihr ganzes Gehäuse und übernimmt darüber volle Kontrolle. Die Drohne wird dann zu einem Urbot und besitzt ein beschränktes Empfindungsvermögen. Die Ingenieurgilde besteht darauf, alle KI-Kerne mindestens jährlich zurückzusetzen, damit es auch bei "beschränkt" bleibt.

Die überlichtschnelle Kommunikation innerhalb des gleichen Sternsystems erfolgt mittels eines Ansible-Netzwerks ("ansible network"), die von einer Xeno-Spezies namens Sah'iir betrieben wird. Die Sah'iir sind zwar keine Gilde, halten aber effektiv das Patent auf die Ansible-Technologie und machten sich damit für die Hegemonie unersetzbar. Kommunikation mit anderen Systemen geht damit auch, solange das Tor dorthin offen ist; ansonsten werden Kurierschiffe eingesetzt.

Grundsätzlich ist der technologische Entwicklungsgrad in der Hegemonie extrem uneben: die Gilden und ihre Vertreter haben oft topaktuelle Technologien im Einsatz, während die meiste Bevölkerung sich mit Geräten von vor vielen Jahrzehnten zufrieden geben muss. Auf reicheren Planeten kann neben einem Schwebeauto ("hovercar") sowohl ein Einmannraumschiff, als auch ein Radfahrzeug parken; auf weniger entwickelten dagegen muss man oft auf einheimische Lasttiere setzen.

Der Procyon-Sektor

Der Procyon-Sektor besteht aus vier miteinander verbundenen Sternsystemen. Er wurde vor über 100 Standardjahre vom Adelshaus Nim-Amar kolonisiert, aber nach dem letzten hegemonischen Aufstieg ans Haus Malklaith verliehen. Gouverneur Ritam al'Malklaith setzt das hegemonische Gesetz mit Hilfe der Systempolizei und der im Sektors stationierten 51. Legion durch. Da der Sektor viele Hyperraumsprünge von dem galaktischen Kern entfernt ist, spielt er weder politisch, noch wirtschaftlich eine besondere Rolle und wird hauptsächlich für seine Rohstoffe ausgebeutet.

Das Rin-System ist der Eingang zum Procyon-Sektor und sein administratives Zentrum. Hier befinden sich drei Tore: in Richtung des Kerns (Ecliptis-Tor), nach Holt und nach Iota. Auf dem Planet Aleph wird trotz tektonischer Instabilität und toxischer Atmosphäre intensiv Bergbau betrieben. Sein Mond Warren ist eine futuristische Ecumenopolis, wo die Hauptquartiere vieler Institutionen (u.a. des Hauses Malklaith, der Zählergilde und der Sah'iir) zu finden sind. Vet ist ein Gasriese, welcher von der Ingenieursgilde gefördert wird. Ihr Hauptquartier in Procyon, die Raumstation SB-176, kreist um Vet. Der Planet Baftoma wurde so intensiv abgebaut, dass davon nur noch ein Felsengerüst übrig bleibt. Am Rande des Systems befindet sich die Ashtari-Wolke aus Gas und Staub, die von Raumpiraten heimgesucht wird.

Das Holt-System wurde als zweites kolonisiert, blieb dann aber weitgehend unentwickelt. Der Planet Sonhandra ist Gezeiten-gesperrt: Leben darauf ist nur im Dauerzwielicht am Terminator möglich. Der Ozeanplanet Mem ist die Heimat der Memisch-Spezies ("Memish"), die sich und ihre Ansprüche darauf erst 100 Jahre nach seiner Kolonisation bekannt gab. Vos (auch Glimmer genannt) ist vollständig mit Kohlenstoffverbindungen wie Graphit und Diamanten bedeckt, deshalb ist der freie Zugang dazu von der Ingenieurgilde gesperrt. Neben dem Tor nach Rin hat das Holt-System eins, das sich bisher noch nicht öffnen ließ (Hantu-Tor).

Das Iota-System hat zwei Sterne (eine gelbe Sonne Iota-1 und einen braunen Zwerg Iota-2) und ist das industrielle Zentrum des Sektors. Der Gartenplanet Amerath ist der Hauptstandort der Pharmaindustrie, während die Oberfläche von Indri hauptsächlich aus Industriegebieten und -brachen besteht; 25% aller Güter in Procyon werden auf diesem Planet produziert. In den beiden Asteroidengürtel von Iota befinden sich die Schiffswerften ("Shipyards"), das Hauptquartier der Sternschmiede, wo Raumschiffe gebaut werden. Auf dem Eisplanet Lithios werden Wasser und flüssige Gase abgebaut, aber es ist auch für die Ruinen einer ausgestorbenen (nicht-Ur) Vorläuferspezies bekannt. Neben dem Tor nach Rin hat das Iota-System auch eins nach Brekk.

Das Brekk-System ist das kulturelle Zentrum von Procyon, berühmt für seine Bildungsstätten und Kunst. Auf dem Wüstenplanet Shimaya befindet sich die größte Bildungsinstitution des Sektors, die Khalud-Akademie ("Khalud Academy"). Der Planet Nightfall ist der Erde am ähnlichsten, hat aber 13 Monde, die für häufige Sonnenfinsternisse sorgen; er ist für seine feine Küche und Theater bekannt. In Umlaufbahn darüber befindet sich der Stützpunkt der 51. Legion, die Raumstation Obelisk. Der Dschungelplanet Aketi hat bisher alle Ansiedlungsversuche durch seine extrem aggressiven Tierwelt abgewehrt und gilt seitdem als ein "Naturschutzgebiet". Das einzige Sprungtor des Brekk-Systems führt nach Iota zurück. Hier befindet sich auch das berüchtigtste Raumgefängnis des Sektors, Isotropa Max Secure.

Sonstiges

Der Großteil der hegemonischen Bevölkerung sind Menschen, zu finden sind aber auch unzählige Xeno-Spezies, welche sich der Hegemonie über die Jahrhunderte angeschlossen hatten bzw. von ihr unterjocht wurden. Die meisten Menschen und Xenos sind Arbeiter, die ihren Planeten nie verlassen haben bzw. werden, während die Adelshäuser und kriminelle Syndikate sich unermüdlich um die Macht streiten.

Ein Syndikat ("Syndicate") ist grundsätzlich jede Form von organisiertem Verbrechen. Die aktuell größten Syndikate in der Procyon-Unterwelt sind die Scharlachwölfe ("Scarlet Wolves"), die sich auf Auftragsmorde und Kopfgeldjagden spezialisieren, und die Aschenklingen ("Ashen Knives"), die ursprünglich ebenfalls Auftragsmörder waren, heutzutage aber auf Drogenhandel, Glücksspiele und Prostitution umgestiegen sind. Auch Raumpiraterie ist alltäglich: im Rin-System werden hegemonische Handelsrouten von den Mahlstrom-Piraten ("the Maelstrom") überfallen, während in Iota und Brekk hauptsächlich Draxlers Plünderer ("Draxler's Raiders") unterwegs sind. Ein geheimnisvolles Individuum namens Vorex, der erfolgreichste Informationsmakler aller Zeiten, ist ebenfalls in Procyon aktiv.

Die Hegemonie hat unzählige Währungen im Umlauf, die meisten davon können aber für hegemonische Credits umgetauscht werden, die von der Zählergilde verwaltet und überwacht werden. "CRED" werden auf von der Gilde gestellten "Sticks" übertragen, und sie nimmt jede Transaktion von mehr als 4 CRED genau unter die Lupe. 1 CRED verdient ein Arbeiter im Monat, während 4 der monatliche Gewinn eines Kleingeschäfts darstellen. Für 2 CRED bekommt man eine feine Waffe, für 4 ein seltenes Artefakt oder einen Hoverbike, für 6 ein ganzes Schiffsmodul oder ein Schwebeauto, und für 10 ein persönliches Einmannraumschiff.

Raumschiffe werden etwa in fünf Größenkategorien unterteilt: persönlich (für eine Person, i.d.R. ohne Sprungantrieb), Frachter, Korvette, Fregatte, und Großkampfschiff ("Dreadnought"). Schiffe größer als ein Frachter können grundsätzlich nicht auf Planeten landen und nutzen dafür kleine Raumfähren. Fregatten und Großkampfschiffe sind i.d.R. nur fürs Militär zu haben. Zwei Großkampfschiffe sind offiziell in Procyon stationiert: The Scorpio, das Flaggschiff der 51. Legion, und The Way of Light, das mobile Hauptquartier der Kirche der Sternenflamme. Insgesamt hat der Sektor nicht mehr als ein halbes Dutzend Schiffe in dieser Größe.